Abb. oben: Die Flavonoide der leicht kultivierbaren Bitterorange zeigen in humanklinischen Studien eine erstaunliche Senkung des Nüchternblutzuckers sowie des „Blutzuckergedächtnisses“ (HbA1c) bei Prädiabetes. Im Unterschied zu synthetischen Glucosidasehemmern fördern die Zitrus-Flavonoide allerdings die Verdauung, senken oxidativen Leberstress und stimulieren die Insulin-Sekretion. (Foto: ©Vogt)

Diabetes in der Phytotherapie

Aufbruch zu neuen Zielen im Gefäß- und Nervensystem mit Glanz-Liguster, Wassernabel und Co bei Diabetes mellitus Typ II

Motivation

Warum sollte man Asiatischem Wassernabel, Chinesischem Sommerflieder, Mongolischem Tragant oder dem vermeintlich giftigem Glanz-Liguster für eine Begleittherapie bei Diabetes mellitus Typ II vertrauen? Wie lassen sich diese Exoten gemeinsam mit europäischen Arzneipflanzen in eine wissenschaftlich begründbare, wirksame und verantwortungsvolle Phytopraxis implementieren? Haben wir im Zeitalter zielgenauer Chemosynthetika im Falle von Diabetes überhaupt Bedarf an einer pflanzengestützten Add-on-Therapie?

Trotz besorgniserregender Prävalenz und Anstieg der Stoffwechselerkrankung wurde in den aktuellen Leitlinien (NVL 2023) keine einzige Arzneipflanze zur Vorsorge bei Prädiabetes oder begleitend zur Basistherapie bei manifestem Diabetes bearbeitet und aufgenommen. Damit ignoriert man nicht nur die jahrhundertelange ärztliche Erfahrung in anderen Medizintraditionen, sondern die in approbierten Diabetes-Modellen und klinischen Studien belegte Wirksamkeit pflanzlicher Zubereitungen. Dabei reichen die protektiven Eigenschaften von Pflanzenarzneien weit über die herkömmliche „antidiabetische“ Wirkung blutzuckersenkender Medikamente hinaus.

Abb. oben: Die aktuelle Standardtherapie bei diabetischer Nierenerkrankung besitzt keine bekannte spezifische Wirkung gegen zelluläre Schädigung von Nierenkörperchen. Der zur Teezubereitung hervorragend geeignete Mongolische Tragant schützt die Füßchenzellen unserer sensiblen Filtrationsbarriere mit klinischer Relevanz. (Foto: ©Vogt)

Die derzeit nur auf ein bis drei Wirkstoffklassen (und daher maximal auf drei Wirkmechanismen) beruhende Erstlinientherapie bietet nach wie vor keinen ausreichenden Schutz vor Spätfolgen. Vor allem in den Endpunkten von diabetischer Nieren-, Augen- und Nervenschädigungen fehlt es an ausreichend spezifischen, zur Vorsorge geeigneten und zugleich nebenwirkungsarmen Arzneimitteln.   
Als Vielstoffsysteme vermögen Pflanzen vielschichtig und zugleich faszinierend zielgenau auf bedeutsame immunologische, vaskuläre und neurologische Prozesse bei Diabetes einzuwirken und könnten die konventionelle Basistherapie sinnvoll ergänzen. Zugleich vermag die Phytotherapie auf andere Komorbiditäten des metabolischen Syndroms mit magistralen Rezepturen individualisiert zu antworten.

Abb. oben: Im Unterschied zu einseitig wirksamen ACE- oder VEGF-Hemmern greifen die sehr gut verträglichen Früchte des Glanz-Ligusters vielfach schützend am Gefäßsystem an. Im Diabetes-Modell konnte die bei Netzhautschädigung gefürchtete Gefäßneubildung erheblich verringert werden. Als Leber- und Nieren-Yin-Tonikum wird die Abkochung der Früchte seit Jahrhunderten bei Augenleiden in der TCM genutzt. (Foto: ©Vogt)
Abb. oben: Die klinische Forschung belegt für Olivenblätter eine mit ACE-Hemmern vergleichbare blutdrucksenkende Wirkung in Personen mit Prädiabetes. Wie hoch liegt die therapeutisch wirksame Tagesdosis und wie bereitet man einen Tee sinnvoll zu?

Seminarziele

  • Einführung neuer antidiabetischer Pflanzenprinzipien und Wirkmechanismen.
  • Kennenlernen von pflanzengestützten Vorsorgestrategien bei Prädiabetes.
  • Verstehenlernen und Ausnutzen von spezifischen Angriffspunkten von Arzneipflanzen bei diabetischer Retinopathie und Nephropathie.
  • Auseinandersetzung mit Dosierungen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen für eine verantwortungsvolle Phytopraxis.
  • Gemeinsames Rezeptieren zu Fallbeispielen (magistrales Rezeptieren) und Entdecken einer personalisierten Medizin.

Durch das tiefere Verständnis über Wirkungsweisen von Heilpflanzen und dem Kennenlernen ihrer Drogen, ebnet das Seminar den Weg zur individualisierten Rezeptur und schafft einen Kontrapunkt zu einer fast ausschließlich von Fertigpräparaten abhängig gewordenen, an Pflanzenvielfalt und Arzneimittelspezifität verarmten und von der Gesundheitsindustrie dirigierten „Naturheilkunde“.

Im Seminar sind alle herzlich willkommen, die eine tiefere Auseinandersetzung mit Tradition und Forschung zu antidiabetischen Arzneipflanzen suchen, um diese in der Praxis verantwortungsvoll nutzen zu können.

Leistungsumfang:

  • Interaktives Kleingruppenseminar
  • Zusammenführung von Tradition und Wissenschaft für die Phytopraxis
  • Anschauungsdrogen mit ausgewählten Teeverkostungen
  • Gemeinsames magistrales Rezeptieren
  • Umfangreiches Handout mit Rezeptbeispielen und Übungen
Abb. oben: Auch gut bekannte Pflanzen besitzen ein ungenütztes antidiabetisches Potential. Der Löwenzahn greift analog dem weltweit bedeutsamsten Antidiabetikum Metformin vielschichtig in den Energiestoffwechsel und eignet sich vor allem bei Prädiabetes. Wie lässt sich die „Butterblume“ in ein sinnvolles Therapiekonzept integrieren? (Foto: ©Vogt)

Anmeldung:

Veranstaltungsort:

Pfarrhofgasse 4, 9170 Ferlach

Detail:

Pfarrsaal