
Demenz in der Phytotherapie
- 05. - 06. September 2025
- Fr.: 14.00 – 19:30
- Sa: 09:00 – ca. 17:30
- (Mittagspause 13:00 -14:00)
- 130,-
- max. 14 Teilnehmer
- 9071 Köttmannsdorf (Kärnten)
- Referent: Mag. Dietmar Vogt
Entdecken, Verstehen und Anwenden von neuroprotektiven Arzneipflanzen
Motivation
Obwohl Demenzen eine oft viele Jahre klinisch unbemerkte Entzündung mit Niedergang von Nervenzellen vorangeht, fehlt es nach wie vor an neuroprotektiven und antidementiven Arzneimitteln für die Vorsorgetherapie. Selbst für Menschen mit beginnender kognitiver Beeinträchtigung (MCI) – auch mit Biomarker-Nachweis für die Alzheimer-Krankheit oder anderen Risikofaktoren für Demenz – steht derzeit keine anerkannte Pharmakotherapie zur Verfügung, mit der erst bei manifester Demenz (deutlich zu spät) begonnen wird.
Zugleich besitzt kein einziges in den aktuellen S3-Leitlinien bei leichter bis mittelschwerer Demenz zugelassenes Arzneimittel eine gezielte neuroprotektive Wirkung, obwohl für verschiedene Formen der Neurodegeneration eine Reihe von Schlüsselprozessen mit molekularen Zielen durchaus bekannt sind. Die Strategie der aktuellen Pharmakotherapie bei Alzheimer- und Parkinson-Demenz besteht fast ausschließlich im indirekten „Nachfüllen“ von fehlenden Neurotransmittern. Damit befindet man sich auf der Ebene einer mechanistischen Supplementierung, anstatt entzündliche Signalwege gezielt zu beeinflussen oder universelle Prozesse der neuronalen Plastizität zu verbessern.


Wir kennen heute eine Reihe von traditionellen Heilpflanzen, welche nicht nur die Lern- und Gedächtnisleistung durch Einfluss der neuronalen Plastizität und Neurotransmission fördern, sondern auch entzündliche Prozesse im Gehirn unspezifisch bis teil hochspezifisch hemmen. Doch mangels an humanklinischen Studien, standardisierten Zubereitungen und fehlenden Zulassungen haben abseits von Ginkgo und Johanniskraut nur wenige dieser Pflanzen in die westliche ärztliche Praxis zur Begleitung von neuropsychiatrischen Störungen gefunden.
Es benötigte ¼ Jahrhundert, bis der von der Kommission E bei primären Demenzen bereits 1994 positiv monographierte Ginkgo auch von den deutschen Fachgesellschaften für Neurologie und Psychiatrie in die S3-Leitlinien aufgenommen wurde und damit beginnende Akzeptanz in der konventionellen Therapie fand. Wie lange wird es dann wohl dauern, bis nachweislich neuroprotektive und potentiell antidementive, aber in Europa kaum bekannte Arzneipflanzen wie z.B. Kleines Fettblatt, Jasminglanz, Asiatischer Wassernabel, Sibirische Kreuzblume oder Grasblatt-Kalmus in die ärztliche Praxis finden? Im Unterschied zu Ginkgo stehen für diese traditionellen Heilpflanzen weder europäische Monographien noch zugelassene Fertigpräparate zur Verfügung, auf die Ärzte bequem zugreifen können.


Seit einigen Jahren ist auch der Zusammenhang zwischen Durchblutungsstörungen im Gehirn, Demenz und Depression bekannt. Eine Reihe von Pflanzen zeigt sich vielversprechend in der Begleitung von vaskulärer Demenz und „vaskulärer Depression“, auch wenn für erstere derzeit nur Ginkgo von den Fachgesellschaften akzeptiert wird. Die Rote Pfingstrosenwurzel besitzt in Asien eine lange Tradition in der Begleitung und Nachversorgung von Schlaganfällen und besitzt als Phyto-Rheologikum dafür auch pharmakologische Plausibilität. Im Unterschied zur häufig verwendeten und einseitig wirkenden Acetylsalicylsäure, deren klinische Bedeutung für die Schlaganfallsprophylaxe in den letzten Jahren immer kritischer gesehen wird, zeigen gut verträgliche Inhaltsstoffe der Gattung Pfingstrose eine außergewöhnliche Schutzwirkung gegen auf Blutplättchen einwirkende Scherkräfte und den damit eingeleiteten Gerinnungsweg, für den aktuell kein spezifisches Arzneimittel existiert. Darüber hinaus schützt die Pfingstrose im Alzheimer- und Parkinson-Modell vor dem Niedergang cholinerger und dopaminerger Nervenzellen in den jeweils betroffenen Gehirnarealen. Wie integriert man nun Pfingstrosenwurzel in ein modernes Therapiekonzept und worauf ist zu achten?


Warten wir nun darauf, bis sich pharmazeutische Industrie, schwerfällige Behörden und konservative Fachgesellschaften irgendwann mit der einen oder anderen traditionellen „Nervenschutzpflanze“ intensiv befassen, um vielleicht in ferner Zukunft ein hochwertiges Fertigpräparat anbieten zu können? Alternativ stehen zahlreiche evidenzlose, in der Regel als Nahrungsergänzungsmittel maskierte Pflanzenzubereitungen mit unlauteren Health Claims zur Verfügung oder man vertraut gleichfalls reflexionslos in oft unnötig überladene und teils bedenkliche historische Rezepturen.
Ein anderer Weg führt über die Zusammenlegung von moderner neurobiologischer Forschung mit traditionellen Medizinkonzepten und ärztlicher Erfahrung zu einer verantwortungsvollen und individualisierbaren Phytotherapie. Das Seminar lädt dazu ein, die ersten Schritte in diese Richtung zu gehen.

Was erwartet mich im Seminar?
- Kennenlernen von neuroprotektiven und antidementiven Pflanzenprinzipien und ihren Wirkmechanismen.
- Kennenlernen von ausgewählten Teedrogen und Kombinationsmöglichkeiten.
- Auseinandersetzung mit Dosierungen, Nebenwirkungen und Interaktionen für eine verantwortungsvolle Phytopraxis.
- Evaluierung von historischen Rezepturen und „Modepflanzen“.
- Gemeinsames Rezeptieren zu Fallbeispielen (magistrales Rezeptieren) und Erarbeitung von Therapiekonzepten.
- Schwerpunkte: Alzheimer-Krankheit, vaskuläre Demenz, vaskulärer Depression, Altersdepression, sekundäre Parkinson-Demenz, Mild Cognitive Impairment.
Das Seminar ermöglicht Einblicke in die faszinierende Interaktion von traditionellen Heilpflanzen mit Strukturen und molekularen Vorgängen im Gehirn, zieht Verbindungen zu traditionellen Medizinkonzepten und erarbeitet Möglichkeiten für eine verantwortungsvolle und individualisierte Begleittherapie bei Demenzen und neurodegenerativen Störungen.
Bei der Veranstaltung sind nicht nur Ärzte und Therapeuten (zu Mitarbeit und Reflexion) herzlich willkommen, sondern auch alle Interessierten, die eine naturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Forschung und Tradition zu neuroprotektiven Arzneipflanzen suchen.
Leistungsumfang:
- Interaktives Kleingruppenseminar
- Zusammenführung von Tradition und Wissenschaft für eine moderne Phytopraxis
- Anschauungsdrogen mit ausgewählten Teeverkostungen
- Gemeinsames magistrales Rezeptieren
- Umfangreiches Handout
Anmeldung:
Veranstaltungsort:
Kirchenstraße 8, 9071 Köttmannsdorf, Kärnten
- unterer oder oberer Pfarrsaal